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Kirchengericht: | Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 16.07.2025 |
Aktenzeichen: | KGH.EKD I-0124/35-2024 |
Rechtsgrundlage: | § 46 c), § 45 Abs. 1 Satz 2 MVG-EKD |
Vorinstanzen: | Kirchengericht der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kammern für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten, Beschluss vom 30.08.2024, Az. I-2708/9-2024 |
Schlagworte: | Mitberatungsverfahren vor Probezeitkündigung |
Leitsatz:
1. Nach den vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätzen ist bei einer auf einem subjektiven Werturteil beruhenden Kündigung in der Wartezeit der Arbeitnehmervertretung nur dieses Werturteil als der eigentliche Kündigungsgrund mitzuteilen. Die dem Urteil zugrundeliegenden Erwägungen bzw. Ansatzpunkte müssen auch dann nicht mitgeteilt werden, wenn sie einen substantiierbaren Tatsachenkern haben (vgl. BAG, Urt. v. 12.9.2013 – 6 AZR 121/12, Rn. 27, juris).
2. Diese Rechtsprechung passt auch für die Anforderungen an die Anhörung der Mitarbeitendenvertretung im Rahmen des Mitberatungverfahrens vor Probezeitkündigungen nach § 46 c), § 45 MVG-EKD. Die Voraussetzungen, unter denen sich aus dem Mitberatungsverfahren Rechtsfolgen für die individualrechtliche Maßnahme der Probezeitkündigung ergeben können, entsprechen strukturell denen aus § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.
3. Für die Übernahme dieser Grundsätze spricht zudem, dass sie einer Harmonisierung der Anforderungen und Rechtsfolgen der Beteiligung der Arbeitnehmervertretungen einerseits und dem Kündigungsschutzrecht andererseits dienen. Dem Arbeitgeber ermöglicht § 1 Abs. 1 Satz 1 KSchG die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Wartezeit, ohne dass er zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung einen Kündigungsgrund iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG benötigt. Der Ansatz des Kündigungsschutzgesetzes soll nicht dadurch konterkariert werden, dass im Rahmen des Beteiligungsverfahrens der Arbeitnehmervertretung ein inhaltliches Begründungserfordernis aufgestellt wird.
4. Es gibt Konstellationen, in denen die Grundsätze der bundesarbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zur Beteiligung der Arbeitnehmervertretung vor einer Kündigung in der Wartezeit nicht auf das Mitarbeitervertretungsrecht übertragen werden können: Dies sind die Fälle, in denen eine Probezeit vereinbart worden ist, die sechs Monate unterschreitet, und in denen die Kündigung nach Ablauf der Probezeit, aber vor Ablauf der Wartezeit ausgesprochen werden soll. Hier greift mitarbeitervertretungsrechtlich bereits die eingeschränkte Mitbestimmung der Mitarbeitendenvertretung ein.
Tenor:
Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung gegen den Beschluss des Kirchengericht der Evangelischen Kirche in Deutschland - Kammern für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten vom 30. August 2024, Az. I-2708/9-2024, wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
I. Die Mitarbeitervertretung (im Folgenden: MAV) macht als Antragstellerin und Beteiligte zu 1. die Verletzung von Mitbestimmungsrechten im Zusammenhang mit dem Ausspruch einer Probezeitkündigung durch die Beteiligte zu 2. (im Folgenden: Dienststelle) geltend.
Die MAV ist die am Standort der Zentrale der Dienststelle gebildete MAV. Die Dienststelle unterhält Angebote zur beruflichen Bildung und Rehabilitation sowie Kinder- und Jugendhilfe.
Die Mitarbeiterin D wurde zum 1. April 2024 von der Dienststelle eingestellt. Am 13. Mai 2024 informierte die Dienststellenleitung die MAV über ihre Absicht, das Arbeitsverhältnis in der Probezeit zu beenden. Zum Grund der beabsichtigten Kündigung heißt es in dem Formblatt zur Anhörung: „Nach unserer subjektiven Einschätzung genügt Frau D den Anforderungen nicht. Daher soll das Dienstverhältnis innerhalb der Probezeit beendet werden.“ Die MAV beantragte Erörterung. Diese fand am 16. Mai 2024 statt. Im Anschluss informierte die Dienststelle die MAV noch am selben Tag darüber, dass sie an der Kündigungsabsicht festhalten wolle, und führte aus: „Die Gründe für die Probezeitkündigung stützen sich allein auf unsere subjektive Einschätzung dahingehend, dass Frau D den Anforderungen nicht genügt.“ Zugleich erklärte die Dienststellenleitung die Erörterung für beendet. Am 22. Mai 2024 sprach die Dienststelle die Probezeitkündigung gegenüber der Mitarbeiterin aus. Am selben Tag teilte die MAV ihren Beschluss mit, die Zustimmung zu der Maßnahme zu verweigern. Mit Schreiben vom 27. Mai 2024 verlangte sie die Rücknahme der Kündigung. Unter anderem dieses Ziel verfolgt die MAV im kirchengerichtlichen Verfahren weiter. Daneben begehrt sie auch die Feststellung, dass die Maßnahme das Mitberatungsrecht der MAV verletzt hat.
Die MAV hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei ohne ihre ordnungsgemäße Beteiligung erfolgt. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Anhörung des Betriebsrats bei Probezeitkündigungen sei wegen der abweichenden Systematik des Mitarbeitervertretungsrechts auf die Beteiligung der MAV nicht anzuwenden. Unter Verweis auf ein von ihr erstelltes Protokoll des Erörterungsgesprächs hat sie dargelegt, die Dienststellenleitung sei nicht bereit gewesen, sich inhaltlich auszutauschen. Sie habe auf ihrer subjektiven Einschätzung beharrt. Der Sachverhalt sei nicht mitgeteilt worden.
Die MAV hat beantragt,
- festzustellen, dass die Beteiligte zu 2. mit Ausspruch der Kündigung vom 22. Mai 2024 gegenüber der Mitarbeiterin D das Mitberatungsrecht der Antragstellerin verletzt hat;
- festzustellen, dass die Kündigung vom 22. Mai 2024 gegenüber der Mitarbeiterin D unwirksam ist;
- die Beteiligte zu 2. zu verpflichten, die gegenüber der Mitarbeiterin D vom 22. Mai 2024 ausgesprochene Kündigung zurückzunehmen;
- festzustellen, dass die Antragstellerin im Rahmen der mitarbeitervertretungsrechtlichen Beteiligung der Antragstellerin nach den §§ 45, 46 lit. c MVG zur ordnungsgemäßen Durchführung verpflichtet ist, den konkreten Kündigungssachverhalt mitzuteilen, der sie zur beabsichtigten Probezeitkündigung bewegt;
- festzustellen, dass das Unterlassen der Beteiligten zu 2., sich mit der Antragstellerin über die von einem konkreten Sachverhalt getragenen Beweggründe der Beteiligten zu 2. anlässlich der Probezeitkündigung der Mitarbeiterin D im Einzelnen auszutauschen und die von einem konkreten Sachverhalt getragenen Beweggründe der Beteiligten zu 2. anlässlich der Probezeitkündigung der Mitarbeiterin D zu verschweigen, einen Verstoß gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit darstellt;
- die Beteiligte zu 2. zu verpflichten, die Kosten, die der Antragstellerin für die anwaltliche Vertretung in diesem Verfahren entstehen, zu tragen.
Die Dienststelle hat beantragt,
die Anträge abzuweisen.
Das Kirchengericht hat dem Kostenantrag zu 6. stattgegeben und die Anträge im Übrigen zurückgewiesen. Hierbei hat es die Anträge zu 2. bis 4. als unzulässig und die Anträge zu 1. und 5. als zulässig, aber unbegründet angesehen. Zum Antrag zu 1. hat das Kirchengericht unter ausführlicher Wiedergabe der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgeführt, das Mitberatungsrecht der MAV nach § 46 lit c) MVG-EKD sei gewahrt worden. Für die Kammer sei nicht erkennbar geworden, welche systematischen Gesichtspunkte es rechtfertigen sollten, von den aus Art. 12 Absatz 1, Art. 2 Absatz 1 GG und § 1 Absatz 1 KSchG abgeleiteten abgesenkten Anforderungen an die Beteiligung einer Arbeitnehmervertretung bei einer Kündigung in der Wartezeit abzusehen. Diesen Anforderungen habe die Anhörung der MAV genügt. Zum Antrag zu 5. hat das Kirchengericht ausgeführt, die Dienststellenleitung habe nicht gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen. Insbesondere habe sie das Mitberatungsrecht der MAV gewahrt.
Gegen die ihr am 18. November 2024 zugestellte Entscheidung des Kirchengerichts wendet sich die MAV mit ihrer Beschwerde vom 12. Dezember 2024, am selben Tag eingegangen, die sie nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 17. Februar 2025 mit an diesem Tag eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
Die MAV begründet die Beschwerde zum einen mit ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Gleichsetzung des Mitberatungsverfahrens mit dem Verfahren nach dem Betriebsverfassungsgesetz durch das Kirchengericht sei fehlerhaft. Nach § 38, § 42, § 41 Absatz 2 MVG-EKD solle die Beteiligung der MAV schon den Ausspruch rechtswidriger Kündigung verhindern. Anders als das Betriebsverfassungsrecht unterscheide das MVG-EKD zwischen Kündigungen in der Probezeit und sonstigen Kündigungen. Die Wartezeit spiele hier keine Rolle. Nur Kündigungen in der Probezeit bedürften nicht der eingeschränkten Mitbestimmung, sondern der Mitberatung. Dennoch stelle das Kirchengericht bei der Begründung seiner Entscheidung maßgeblich auf die Wartezeit ab. Im vorliegenden Fall habe keine echte Erörterung stattgefunden, die Dienststelle habe „gemauert“.
Zum anderen meint die MAV, das Verfahren habe grundsätzliche Bedeutung, weil noch keine höchstrichterliche Entscheidung zur Frage der Beteiligung der MAV bei Probezeitkündigungen ergangen sei. Die vorliegende Rechtsprechung beziehe sich auf § 102 BetrVG, nicht aber auf §§ 45, 46 MVG-EKD.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
- die Beschwerde gegen den Beschluss des Kirchengerichts der Ev. Kirche in Deutschland, Kammer für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten, Az. I-2708/9-2024 vom 30.08.2024, zugestellt am 18.11.2024, zur Entscheidung anzunehmen;
- den Beschluss des Kirchengerichts der Ev. Kirche in Deutschland, Kammer für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten, Az. I-2708/9-2024 vom 30.08.2024, zugestellt am 18.11.2024, aufzuheben und nach den Schlussanträgen der 1. Instanz zu entscheiden;
- die Beschwerdegegnerin stellt die Beschwerdeführerin von den Kosten frei, die der Beschwerdeführerin durch die Hinzuziehung einer Rechtsanwältin in diesem Beschwerdeverfahren entstehen.
Die Dienststelle hält die Anträge für nicht annahmefähig. Sie meint, die Beschwerde sei bereits unzulässig. Dies betreffe insbesondere die Anträge zu 2. bis 5., da hier keinerlei Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Kirchengerichts erfolgen.
Im Übrigen sei die Beschwerde unbegründet.
Das Arbeitsgericht Stuttgart hat durch Urteil vom 18. Dezember 2024, Az. 30 Ca 3332/24 die Kündigungsschutzklage von Frau D abgewiesen. Hiergegen ist Berufung eingelegt worden.
II. Die Beschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen.
Die Beschwerde der MAV wird dahingehend verstanden, dass sie gegen die Zurückweisung der Anträge zu 1. bis 5. durch das Kirchengericht gerichtet ist. Zwar gehört zu den erstinstanzlich gestellten Schlussanträgen, die bei der Antragstellung im Beschwerdeverfahren in Bezug genommen worden sind, formal auch der Kostenantrag zu 6., dem das Kirchengericht stattgegeben hat. Insoweit kommt jedoch schon mangels Beschwer ein Rechtsmittel der MAV nicht in Betracht.
1. In Bezug auf die Anträge zu 2. bis 5. kann die Beschwerde schon deshalb nicht angenommen werden, weil sie unzulässig ist. Es fehlt insoweit an einer Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Beschluss und seiner Begründung. Die MAV führt nicht aus, weshalb die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Anträge zu 2. bis 5. zur Entscheidung angenommen werden sollte.
2. Auch die gegen die Entscheidung über den Antrag zu 1.gerichtete Beschwerde ist nicht annahmefähig. Ein Annahmegrund iSd. § 63 Absatz 2 Nrn. 1-4 MVG-EKD liegt nicht vor.
a) Ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung bestehen nicht.
Der Ansatz des Kirchengerichts, der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu folgen, soweit das Bundesarbeitsgericht die Anforderungen an die Anhörung des Betriebsrats vor einer Kündigung in der Wartezeit nach § 1 Absatz 1 KSchG formuliert hat, begegnet keinen Bedenken. Nach diesen Grundsätzen sind die formellen Anforderungen an die Unterrichtung des Betriebsrats an dem Schutzniveau des materiell-rechtlichen Kündigungsschutzes des Arbeitnehmers in der Wartezeit zu messen. Bei einem auf einem subjektiven Werturteil beruhenden Kündigung in der Wartezeit ist der Arbeitnehmervertretung nur dieses Werturteil als der eigentliche Kündigungsgrund mitzuteilen. Die dem Urteil zugrundeliegenden Erwägungen bzw. Ansatzpunkte müssen auch dann nicht mitgeteilt werden, wenn sie einen substantiierbaren Tatsachenkern haben (BAG, Urt. v. 12.9.2013 – 6 AZR 121/12, Rn. 27, juris).
Diese Rechtsprechung passt auch für die Anforderungen an die Anhörung der MAV im Rahmen des Mitberatungverfahrens vor Probezeitkündigungen nach § 46 c), § 45 MVG-EKD.
Soweit die MAV meint, das Mitarbeitervertretungsrecht verfolge anders als das Betriebsverfassungsrecht das Ziel, dass rechtsunwirksame Kündigungen gar nicht erst ausgesprochen würden, gilt dies nur für Kündigungen nach Ablauf der Probezeit, die der eingeschränkten Mitbestimmung der MAV nach § 42 b), § 41, § 38 MVG-EKD unterliegen. Für Probezeitkündigungen entspricht das Verfahren der Mitberatung nach § 46 c), § 45 MVG-EKD im Grundsatz dem Verfahren nach § 102 BetrVG: Die Dienststelle muss die MAV beteiligen (§ 45 Absatz 1 Satz 1 MVG-EKD), die Maßnahme gegebenenfalls mit ihr erörtern (§ 45 Absatz 1 Satz 2 MVG-EKD) und eine abweichende Entscheidung gegenüber der MAV schriftlich begründen (§ 45 Absatz. 1 Satz 8 MVG-EKD). Die unterbliebene Beteiligung der MAV kann zur Unwirksamkeit der Maßnahme führen. Im Falle einer ordnungsgemäßen Beteiligung der MAV kann die Umsetzung der Maßnahme auch dann nicht verhindert werden, wenn diese rechtswidrig ist. Die Voraussetzungen, unter denen sich aus dem Mitberatungsverfahren Rechtsfolgen für die individualrechtliche Maßnahme der Probezeitkündigung ergeben können, entsprechen damit strukturell denen aus § 102 Absatz 1 Satz 1 BetrVG. Dies spricht nicht gegen, sondern für eine Übernahme der zum Verfahren nach § 102 BetrVG durch das Bundesarbeitsgericht entwickelten Rechtsgrundsätze zur Anhörung des Betriebsrats vor Probezeitkündigungen.
Für die Übernahme dieser Grundsätze spricht zudem, dass sie einer Harmonisierung der Anforderungen und Rechtsfolgen der Beteiligung der Arbeitnehmervertretungen einerseits und dem Kündigungsschutzrecht andererseits dienen. Dem Arbeitgeber ermöglicht § 1 Absatz 1 Satz 1 KSchG die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Wartezeit, ohne dass er zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung einen Kündigungsgrund iSd. § 1 Absatz 2 Satz 1 KSchG benötigt. Während einer vereinbarten Probezeit greift zudem die verkürzte Kündigungsfrist aus § 622 Absatz 3 BGB. Der Ansatz des Kündigungsschutzgesetzes soll nicht dadurch konterkariert werden, dass im Rahmen des Beteiligungsverfahrens der Arbeitnehmervertretung ein inhaltliches Begründungserfordernis aufgestellt wird (vgl. BAG, Urt. v. 12.9.2013 – 6 AZR 121/12, Rn. 27, juris).
Schließlich spricht für die Übernahme der Grundsätze, dass hierdurch den Vorgaben der Verfassung Genüge getan wird: Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beachtet, dass § 1 Absatz 1 KSchG und § 622 Absatz 3 BGB das Ziel verfolgen, die durch Art. 12 Absatz 1 GG, Art. 2 Absatz 1 GG geschützte Kündigungsfreiheit als Teil der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit des Arbeitgebers und die durch Art. 12 Absatz 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Arbeitnehmer zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen (vgl, BAG, Urt. v. 12.9.2013 – 6 AZR 121/12, Rn. 24, juris), indem (nur) in den ersten sechs Monaten bzw. in der Probezeit eine Kündigungsmöglichkeit ohne Begründungszwang bzw. mit kurzer Frist möglich ist. Ein solcher Ausgleich der einander gegenüberstehenden Grundrechte von Dienststelle und Mitarbeitenden ist auch im Geltungsbereich des MVG-EKD geboten. Im abweichenden mitarbeitervertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahren für Kündigungen in der Probezeit hat dies seinen Niederschlag gefunden.
Zwar ist der MAV zuzugeben, dass es Konstellationen gibt, in denen die Grundsätze der bundesarbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zur Beteiligung der Arbeitnehmervertretung vor einer Kündigung in der Wartezeit nicht auf das Mitarbeitervertretungsrecht übertragen werden können: Dies sind die Fälle, in denen eine Probezeit vereinbart worden ist, die sechs Monate unterschreitet, und in denen die Kündigung nach Ablauf der Probezeit, aber vor Ablauf der Wartezeit ausgesprochen werden soll. Hier greift mitarbeitervertretungsrechtlich bereits die eingeschränkte Mitbestimmung der MAV ein, die erfordert, dass vor Kündigungsausspruch die Zustimmung der MAV vorliegt oder ein kirchengerichtliches Verfahren abgeschlossen ist, in dem festgestellt worden ist, dass für die MAV kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung nach § 41 MVG-EKD vorliegt. Auf diese Sonderkonstellation kommt es hier jedoch nicht an. Sie spielt schon deshalb keine Rolle, weil sich die Dienststelle vor Ablauf der Probezeit (und der Wartezeit) zur Kündigung der Mitarbeiterin D entschieden hat.
Soweit in der mitarbeitervertretungsrechtlichen Literatur die Auffassung vertreten wird, dass „erörtern“ iSd. § 45 Absatz 1 MVG-EKD bedeute, ausführlich und ins einzelne gehend über einen bestimmten Sachverhalt zu sprechen und zu diskutieren (Joussen/Mestwerdt/Nause/Spelge-Evers-Vorsgerau, 2. Aufl., § 45 MVG-EKD, Rn. 16), kann dies für den Fall der beabsichtigten Kündigung in der Probezeit nicht bedeuten, dass die Dienststelle einen etwaigen Tatsachenkern ihrer Wertentscheidung für eine Probezeitkündigung offenlegen müsste. Die Informationspflicht der Dienststelle gegenüber der MAV kann nicht weiter gehen als ihre Begründungspflicht im individualrechtlichen Kündigungsschutzverfahren.
Unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den Anforderungen an die Begründung von Probezeitkündigungen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung, die die Informationen der Dienststelle an die MAV über die beabsichtigte Kündigung als ausreichend erachtet. Es spricht alles dafür, dass die Dienststelle ihrer Informationspflicht nachgekommen ist, in dem sie ihre subjektive Wertentscheidung offengelegt hat.
b) Die Rechtsfrage, welche Anforderungen an die Anhörung der MAV im Mitberatungsverfahren vor einer Probezeitkündigung zu stellen sind, hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat die Grundsätze der Beteiligung von Arbeitnehmervertretungen vor Probezeitkündigungen ausgestaltet. Diese Grundsätze beanspruchen Geltung auch für die Beteiligung der MAV vor Probezeitkündigungen nach § 46 c, § 45 MVG-EKD. Sie werden in individualrechtlichen Kündigungsschutzverfahren angewandt, die Mitarbeitende nach Ausspruch der Probezeitkündigung einleiten. Entsprechend hat das Arbeitsgericht Stuttgart im individualrechtlichen Kündigungsschutzverfahren der Frau D seine Entscheidung auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gestützt.
Einer Entscheidung dieser Frage durch den Kirchengerichtshof bedarf es nicht.
c) Weitere Gründe iSd. § 63 Absatz 2 MVG-EKD, die Beschwerde zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
III. Für den Kostenfreistellungsantrag ist das Beschwerdegericht unzuständig.
Ob und welche Kosten im zweiten Rechtszug von der Dienststelle zu tragen sind, richtet sich unmittelbar nach der allgemeinen Regelung in § 30 Absatz 2 Satz 1 MVG-EKD. Hierüber entscheidet das erstinstanzliche Kirchengericht durch die Kammer (KGH.EKD 15.7.2009 – I-0124/R 24-09, ZMV 2009, 259; J/M/N/S-Zimmermann § 61 MVG Rn. 31).
IV. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Absatz 7 MVG-EKD i.V.m. § 22 Absatz 1 KiGG.EKD).