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Kirchengericht: | Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland |
Entscheidungsform: | Beschluss (rechtskräftig) |
Datum: | 07.04.2025 |
Aktenzeichen: | KGH.EKD II-0124/28-2024 |
Rechtsgrundlage: | § 42 Buchst. k MVG-EKD; § 38 Abs. 3 Satz 5 MVG-EKD |
Vorinstanzen: | Gemeinsamen Schlichtungsstelle der Evangelischen Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes Rheinland-Westfalen-Lippe e.V., Diakonie RWL, Beschluss vom 06.05.2024, Az. 1 GS 38/2023 (Felsing) |
Schlagworte: | Altersteilzeit - Ablehnungsgründe |
Leitsatz:
1. Gründe für die Verweigerung der Zustimmung zur Ablehnung eines Antrags auf Altersteilzeit müssen nach § 41 Abs. 3 i.V.m § 38 Abs. 3 S. 5 MVG-EKD in der Zustimmungsverweigerung der MAV benannt werden.
2. Eine Dienstvereinbarung, die die „Leitplanken“ für Ausübung des Ermessens bei der Entscheidung über die Bewilligung festlegt, verstößt nicht gegen § 36 Abs. 1 S. 2 MVG-EKD.
Tenor:
Die Beschwerde der MAV gegen den Beschluss der Gemeinsamen Schlichtungsstelle der Evangelischen Kirche im Rheinland und des Diakonischen Werkes Rheinland-Westfalen-Lippe e.V. – Diakonie RWL vom 6. Mai 2024, Az. 1 GS 38/2023 (Felsing), wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines Zustimmungsverweigerungsgrunds der bei der Antragstellerin gebildeten MAV zu einer beabsichtigten Ablehnung eines Antrags auf Altersteilzeit einer Verwaltungsmitarbeiterin eines Gymnasiums.
Das Arbeitsverhältnis der Verwaltungsmitarbeiterin richtet sich nach den für die Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland beschlossenen arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Über die Gewährung der Altersteilzeit verhält sich die Ordnung zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand vom 29. April 1999, zuletzt geändert durch Arbeitsrechtsregelungen vom 31. Mai 2023 (Altersteilzeitordnung – ATZO). Nach § 2 ATZO kann der Arbeitgeber mit Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitverhältnis vereinbaren. Nach § 2 Abs. 2 ATZO soll das Altersteilzeitarbeitsverhältnis mindestens für die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Es kann für die Dauer von zehn Jahren vereinbart werden und muss vor dem 1. Januar 2025 beginnen. Gemäß § 5 ATZO werden die aufgrund der Teilzeit reduzierten Bezüge um 20 % aufgestockt.
Ergänzend zur ATZO wurde unter dem 20. Oktober 2016 zwischen der Dienststelle und der bei ihr bestehenden GMAV eine Dienstvereinbarung abgeschlossen. Nach § 1 Abs. 1 dieser DV kann Anträgen auf Gewährung von Altersteilzeit entsprochen werden, wenn keine überwiegenden dienstlichen Interessen entgegenstehen, insbesondere wenn im Zusammenhang mit Altersteilzeitregelungen die dadurch verursachten Personalkosten in der Dienststelle oder in den jeweiligen landeskirchlichen Einrichtungen durch Einsparungen mindestens kompensiert werden. Kompensation ist danach gegeben, wenn und soweit aufgrund der Nachbesetzung der Stelle in der Freistellungsphase insgesamt keine höheren Personalkosten anfallen. Hierzu werden die Personalkosten der bzw. des antragstellenden Beschäftigten ohne Inanspruchnahme von Altersteilzeit und diejenigen Personalkosten unter Beachtung der beantragten Altersteilzeit zuzüglich der Personalkosten aufgrund der Nachbesetzung der Stelle in der Freistellungsphase bilanziert. Nach § 1 Abs. 2 DV muss die Aufstockung abweichend von § 5 ATZO mindestens so hoch sein, dass 83 % des Nettobetrages des bisherigen Arbeitsentgeltes erreicht werden. Diese Dienstvereinbarung hat die Antragstellerin zum 31. Dezember 2024 gekündigt.
Der von der Verwaltungsmitarbeiterin gestellte Antrag auf Gewährung von Altersteilzeit sah eine Arbeitsphase vom 1. Dezember 2023 bis zum 30. April 2028 sowie eine Freistellungsphase vom 1. Mai 2028 bis zum 30. September 2032 vor. Nach der von der Dienststelle nach Maßgabe der DV vorgenommenen Vergleichsberechnung ergeben sich Mehrkosten in Höhe von mindestens EUR 34.766,73. Nach der Erörterung in der mündlichen Anhörung ist in der Verwaltung des Gymnasiums eine Stundenreduzierung zur Kompensation der Mehrkosten nicht möglich.
Die MAV hat die Zustimmung zur Ablehnung des Altersteilzeitantrags verweigert unter Hinweis darauf, ob es nicht im Bereich der landeskirchlichen Verwaltungsstellen Einsparmöglichkeiten ohne Qualitätsverlust für die örtliche Dienststelle ab dem Zeitpunkt der Freistellung gebe, die mit den Mehrkosten verrechnet werden könnten; im Übrigen wird verwiesen auf die ablehnende Stellungnahme der Mitarbeitervertretung vom 13. Dezember 2023.
Die Dienstgeberin hat beantragt,
festzustellen, dass für die MAV kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Ablehnung des Altersteilzeitantrags der Mitarbeiterin vorliegt.
Die MAV hat die Zurückweisung des Antrags beantragt.
Die Gemeinsame Schlichtungsstelle hat mit der angefochtenen Entscheidung dem Antrag entsprochen und dabei maßgeblich auf die unstreitig ausgelösten Mehrkosten von mindestens ca. 35.000 EUR abgestellt.
Mit der frist- und formgerecht eingereichten und begründeten Beschwerde verfolgt die MAV ihren Antrag auf Zurückweisung des Antrags der Dienststelle weiter. Sie rügt, die Dienstvereinbarung vom 20. Oktober 2016, auf die die Antragstellerin ihre Ermessensentscheidung maßgeblich gestützt habe, sei rechtsunwirksam gemäß § 36 Absatz 1 Satz 2 MVG-EKD, weil sie das Ermessen der Dienstgeberin einschränke und damit die Rechtsstellung der antragstellenden Mitarbeitenden verschlechtere. Zudem habe die Dienststellenleitung ihr Ermessen nicht in sachgerechter Weise getroffen.
Die MAV beantragt,
den Beschluss der Gemeinsamen Schlichtungsstelle vom 6. Mai 2024 – 1 GS 38/2024 – abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.
Die Dienststellenleitung beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Bezüglich des weiteren Vorbringens wird Bezug genommen auf die Beschwerdebegründung der MAV und die Beschwerdeerwiderung der Dienststellenleitung.
II. Die frist- und formgerecht eingereicht und begründete Beschwerde der MAV ist unbegründet. Die Gemeinsamen Schlichtungsstelle hat dem Antrag der Dienststelle zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen entsprochen, darauf wird Bezug genommen. Im Hinblick auf die Beschwerdebegründung sind lediglich nachstehende Erwägungen veranlasst:
1. Es kann dahinstehen, ob die MAV sich in der Beschwerdeinstanz (erstmalig) auf die vermeintliche Unwirksamkeit der Dienstvereinbarung berufen kann, da sie die Zustimmungsverweigerung nicht, wie in § 41 Abs. 3 i.V.m § 38 Abs. 3 S. 5 MVG-EKD vorgesehen, ausdrücklich darauf gestützt hat (vgl. JMNS/Mestwerdt MVG-EKD, § 38 Rn. 59 ff).
2. In der Sache dringt die Beschwerde damit nicht durch. Die zwischen den Beteiligten bis zum 31. Dezember 2024 bestandene und der beabsichtigten Ablehnung des Antrags auf Altersteilzeit zu Grunde gelegte Dienstvereinbarung verstößt nicht gegen § 36 Absatz 1 Ziffer 2 MVG-EKD, sie schränkt die Ermessensausübung der Dienststelle bei der Entscheidung über Altersteilzeitanträge nicht ein. Es ist nicht zu beanstanden, dass zwischen der Dienststellenleitung und der MAV, die nach § 42 Buchst. k MVG-EKD ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht bei der Ablehnung von Altersteilzeitanträgen hat, die streitgegenständlichen ermessensleitende Leitplanken vereinbart wurden, zumal im Gegenzug der Aufstockungsbetrag von 70% auf 83% erhöht wurde. Die in der DV geregelten wirtschaftlichen Erwägungen sind typische Erwägungen der Ermessensausübung bei der Gewährung von Altersteilzeit. Dass die Ermittlung der durch die Altersteilzeit verursachten Personalkosten und ein erhöhter Aufstockungsbetrag zwischen den an der Entscheidung über die Ablehnung eines Antrags auf Altersteilzeit Beteiligten vereinbart und damit Transparenz für die Mitarbeitenden hergestellt wird, bewirkt keine Einschränkung von § 2 ATZO zu ihren Lasten.
2. Unter Berücksichtigung der unstreitig durch die Beantragung der Altersteilzeit ausgelösten Mehrkosten ist die streitgegenständliche Ermessensausübung der Dienststelle nicht zu beanstanden. Es ist nicht im Streit, dass der Mehraufwand nicht durch Stundenreduzierung einer etwaigen Nachfolgekraft kompensiert werden kann. Besonderen Umstände, die zu Gunsten der antragstellenden Verwaltungsmitarbeiterin bei der Ermessensausübung Berücksichtigung finden müssten, sind auch nicht zu erkennen. Diesbezüglichen Vortrag hat die MAV nicht gehalten.
III. Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich (§ 63 Absatz 7 MVG-EKD i.V.m. § 22 Absatz 1 KiGG.EKD).