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Kirchengericht:Kirchengerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:09.05.2025
Aktenzeichen:KGH.EKD I-0124/19-2025
Rechtsgrundlage:: § 61 Abs. 4 MVG-EKD, § 63 Abs. 1 MVG-EKD, § 30 MVG-EKD, § 78 ArbGG, §§ 567 ff. ZPO
Vorinstanzen:Kirchliches Arbeitsgericht der Evangelischen Landeskirche in Baden, Beschluss vom 18.12.2024, Az. 2KA-13/2024
Schlagworte:Kirchengerichtliche Entscheidung über die Kostentragungspflicht der Dienststelle im verfahrensbeendenden Beschluss, Rechtsmittel
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Leitsatz:

1. Das Mitarbeitendenvertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland enthält eigenständige Regelungen zur Pflicht der Dienststelle, die Kosten der Mitarbeitendenvertretung für Beistände in kirchengerichtlichen Verfahren zu tragen. Hiervon umfasst sind Vorgaben zum Verfahren.
2. Nach der Zuständigkeitsregelung in § 61 Absatz 4 Satz 3 MVG-EKD entscheidet im Streitfall der oder die Vorsitzende der Kammer entscheidet allein.
3. Entscheidungen nach § 61 Absatz 4 Satz 3 MVG-EKD über die Übernahme der Kosten für den Beistand der Mitarbeitervertretung sind mit der sofortigen Beschwerde nach § 78 ArbGG, §§ 567 ff. ZPO anzugreifen.
4. An der Statthaftigkeit des Rechtsmittels der sofortigen Beschwerde ändert sich auch dann nichts, wenn abweichend von § 61 Absatz 4 Satz 3 MVG-EKD die Kammer des Ausgangsgerichts über den zwischen den Beteiligten im Streit stehenden Umfang der Kostenerstattung entschieden hat.

Tenor:

Die Beschwerde der Mitarbeitervertretung gegen den Beschluss des Kirchlichen Arbeitsgerichts der Evangelischen Landeskirche in Baden vom 18. Dezember 2024, Az. 2KA 13/2024, beschränkt auf die Entscheidung zur Kostentragungspflicht der Dienststelle, wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe:

I. Die Mitarbeitervertretung wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die teilweise Abweisung ihres Kostenantrags im kirchengerichtlichen Ausgangsverfahren.
Vor dem Kirchlichen Arbeitsgericht der Evangelischen Landeskirche in Baden (Az. 2KA 13/2024) haben die Beteiligten darüber gestritten, ob für die Mitarbeitervertretung ein Grund für die Verweigerung ihrer Zustimmung zu einer ordentlichen Kündigung vorlag. Die Mitarbeitervertretung ließ sich in dem Verfahren von ihrer Verfahrensbevollmächtigten mit Kanzleisitz in D vertreten.
Zusammen mit der Entscheidung in der Hauptsache hat das Kirchliche Arbeitsgericht durch Beschluss vom 18. Dezember 2024 dem Kostenantrag der Mitarbeitervertretung mit der Einschränkung stattgegeben, dass Mehrkosten, die durch den Sitz der Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten am Standort D entstanden sind, nicht zu tragen sind. Zur Begründung hat das Kirchengericht ausgeführt, eine Mitarbeitervertretung, die sich anwaltlich vertreten ließe, müsse berücksichtigen, dass die anfallenden Kosten so gering wie möglich gehalten werden müssten.
Den ihr am 22. Januar 2025 zugestellten Beschluss hat die Mitarbeitervertretung in Bezug auf die Entscheidung zu den Kosten zunächst mit einer sofortigen Beschwerde vom 29. Januar 2025 angegriffen, die gegenwärtig beim Kirchengerichtshof der EKD unter dem Aktenzeichen I-0124/5-2025 anhängig ist. Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt die Mitarbeitervertretung das Ziel, der Dienststelle auch die Tragung der Mehrkosten aufzugeben, die der Mitarbeitervertretung durch die Beauftragung ihrer Rechtsanwältin durch deren Kanzleisitz in D entstanden sind. Mit Beschluss vom 31. Januar 2025 hat das Ausgangsgericht durch seinen Vorsitzenden der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die sofortige Beschwerde sei nicht statthaft. Die Entscheidung über die Verpflichtung zur Kostentragung sei durch die Kammer getroffen worden, da der Antrag als Hauptantrag in das Verfahren eingebracht worden sei. Als Bestandteil der Entscheidung in der Hauptsache könne der Beschluss nur mit der Beschwerde zum Kirchengerichtshof gemäß der erteilten Rechtsmittelbelehrung angegriffen werden.
In der Folge hat die Mitarbeitervertretung die vorliegende, am 12. Februar 2025 beim Beschwerdegericht eingegangene Beschwerde erhoben, mit der sie sich gegen die Kostenentscheidung im Beschluss der Kammer des Ausgangsgerichts vom 18. Dezember 2024 wendet.
Die Mitarbeitervertretung macht sich die Auffassung des Ausgangsgerichts zu eigen, der Beschluss sei mit der Beschwerde anzugreifen, da nicht der Vorsitzende, sondern die Kammer über die Kostentragungspflicht entschieden habe. Die Entscheidung des Ausgangsgerichts sei in der Sache unrichtig. Die Mitarbeitervertretung habe innerhalb ihres Beurteilungsspielraums und unter Abwägung zwischen dem Grundsatz der Kostenschonung einerseits und der für eine Mandatierung sprechenden Gründe andererseits die Mehrkosten für die Beauftragung der Rechtsanwaltskanzlei mit Sitz in D für vertretbar und sachlich gerechtfertigt halten dürfen. Die Kanzlei habe die Mitarbeiterin bereits in einer Vielzahl von Verfahren vor dem kirchlichen Arbeitsgericht vertreten, sodass neben der besonderen Sachkompetenz auch das Vertrauensverhältnis eine Kostentragungspflicht der Dienststelle begründe.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
  1. die Beschwerde zur Entscheidung anzunehmen;
  2. den Beschluss des Kirchlichen Arbeitsgerichts der Ev. Landeskirche in Baden über die Kostentragungspflicht des Beschwerdegegners und Antragstellers, Aktenzeichen 2KA 13/2024, vom 18.12.2024, zugestellt am 22.01.2025, dahingehend abzuändern, sodass der Beschwerdegegner und Antragsteller verpflichtet wird, auch die Mehrkosten, die der Beschwerdeführerin und Antragsgegnerin durch die Beauftragung einer Rechtsanwältin mit Kanzleisitz in D entstanden sind, zu tragen;
  3. den Beschwerdegegner zu verpflichten, die Kosten, die der Beschwerdeführerin durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts in diesem Verfahren entstehen, zu tragen.
II. Die Beschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie ist unstatthaft.
1. Das Mitarbeitendenvertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland enthält eigenständige Regelungen zur Pflicht der Dienststelle, die Kosten der Mitarbeitendenvertretung für Beistände in kirchengerichtlichen Verfahren zu tragen. Hiervon umfasst sind Vorgaben zum Verfahren.
Danach ist die Mitarbeitendenvertretung berechtigt, in einem kirchengerichtlichen Verfahren einen Beistand hinzuzuziehen (§ 61 Absatz 4 Satz 1 MVG-EKD). Für die Verpflichtung der Dienststelle, die hierdurch entstehenden Kosten zu übernehmen, verweist § 61 Absatz 4 Satz 2 MVG-EKD auf § 30 MVG.EKD. Die Zuständigkeitsregelung für die Entscheidung im Streitfall ist in § 61 Absatz 4 Satz 3 MVG-EKD enthalten: Der oder die Vorsitzende der Kammer entscheidet allein (hierzu Joussen/Mestwerdt/Nause/Spelge-Zimmermann, MVG-EKD, 2. Aufl., § 61 Rn. 9).
2. § 63 Absatz 1 Satz 3 MVG-EKD verweist in Bezug auf Rechtsmittel für die Anfechtung von nicht verfahrensbeendenden Beschlüssen auf § 78 ArbGG in entsprechender Anwendung. Entscheidungen nach § 61 Absatz 4 Satz 3 MVG-EKD über die Übernahme der Kosten für den Beistand der Mitarbeitervertretung sind demnach mit der sofortigen Beschwerde nach § 78 ArbGG, §§ 567 ff. ZPO anzugreifen (Joussen/Mestwerdt/Nause/Spelge-Zimmermann, MVG-EKD, 2. Aufl., § 61 Rn. 9). Hilft das Ausgangsgericht der sofortigen Beschwerde nicht ab, entscheidet der oder die Vorsitzende des zuständigen Senats des Beschwerdegerichts.
3. An der Statthaftigkeit des Rechtsmittels der sofortigen Beschwerde ändert sich auch dann nichts, wenn abweichend von § 61 Absatz 4 Satz 3 MVG-EKD die Kammer des Ausgangsgerichts über den zwischen den Beteiligten im Streit stehenden Umfang der Kostenerstattung entschieden hat. Auch in diesem Fall kann die Entscheidung nicht mit der für verfahrensbeendende Beschlüsse vorgesehenen Beschwerde nach § 63 Absatz 1 Satz 1 MVG-EKD, sondern nur mit einer sofortigen Beschwerde nach § 63 Absatz 1 Satz 3 MVG-EKD angegriffen werden. Die abweichende Auffassung des Ausgangsgerichts im Nichtabhilfebeschluss vom 31. Januar 2025 teilt die Kammer nicht.
Das statthafte Rechtsmittel wird grundsätzlich nicht durch den Spruchkörper, der die Entscheidung getroffen hat, sondern durch den Gegenstand der Entscheidung bestimmt. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist die Kostenmischentscheidung in arbeits- und zivilgerichtlichen Verfahren: Wird im Urteil auch über Kosten eines Teils des Rechtsstreits, der nicht mehr Gegenstand der Entscheidung ist, entschieden – zB wegen übereinstimmender Erledigungserklärungen oder teilweiser Klagerücknahme –, ist insoweit das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eröffnet (BGH, Beschluss vom 19.03.2013 – VIII ZB 45/12 -, Rn. 19, juris; LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.07.2022, 26 Ta (Kost) 6016/22, juris Rn. 6; Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 4. Juli 2019 – 1 Sa 34/19 –, Rn. 25, juris). Legt die beschwerte Partei stattdessen „Berufung“ ein, kommt eine Umdeutung des Begehrens in eine sofortige Beschwerde in Betracht (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 4. Juli 2019 – 1 Sa 34/19 –, Rn. 25, juris).
Entsprechend kann die Entscheidung über die Kostentragungspflicht der Dienststelle für den Beistand der Mitarbeitervertretung im kirchengerichtlichen Verfahren isoliert angegriffen werden, auch wenn sie im verfahrensbeendenden erstinstanzlichen Beschluss enthalten ist. Eine Abhängigkeit der Entscheidung über die Kostentragungspflicht von der Entscheidung in der Hauptsache besteht hier ebenso wenig wie bei Kostenentscheidungen über zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht mehr streitgegenständliche Teile eines arbeits- oder zivilgerichtlichen Rechtsstreits. Der Anwendungsbereich von § 99 Absatz 1 ZPO ist nicht eröffnet.
Für die isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung steht das in § 63 Absatz 1 Satz 3 MVG-EKD vorgesehene Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zur Verfügung. Eine fehlerhaft erhobene Beschwerde nach § 61 Absatz 1 Satz 1 MVG-EKD kann – jedenfalls dann, wenn es an einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung fehlt – ggf. in eine sofortige Beschwerde umgedeutet werden.
4. Bei Anwendung der dargelegten Grundsätze ist die Beschwerde nach § 61 Absatz 1 Satz 1 MVG-EKD, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, nicht statthaft. Ihre Umdeutung in eine sofortige Beschwerde nach § 63 Absatz 1 Satz 3 MVG-EKD ist nicht geboten. Da die Mitarbeitervertretung parallel eine sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Ausgangsgerichts zur Kostentragung eingelegt hat, droht ihr durch die Nichtannahmeentscheidung kein Rechtsverlust.
5. Der Antrag unter Ziffer 3., mit dem die Mitarbeitervertretung beantragt, die Dienststelle zur Tragung der Kosten zu verpflichten, die der Mitarbeitervertretung durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts im vorliegenden Verfahren entstehen, ist gleichfalls unzulässig und deshalb nicht zur Entscheidung anzunehmen.
Für diesen Antrag ist das Rechtsmittelgericht nicht zuständig. Ob und welche im zweiten Rechtszug entstehende Kosten der Rechtsverfolgung der Mitarbeitendenvertretung von der Dienststelle zu tragen sind, richtet sich unmittelbar nach § 30 Absatz 2 Satz 1 MVG-EKD. Sollte hierüber in Bezug auf das vorliegende Verfahren Streit entstehen, müsste das erstinstanzliche Kirchengericht durch die Kammer entscheiden (Joussen/Mestwerdt/Nause/Spelge-Zimmermann, MVG-EKD, 2. Aufl., § 61 Rn. 9).
III. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (§ 63 Absatz 7 MVG-EKD i.V.m. § 22 Absatz 1 KiGG.EKD).